STERNTALER (Textauszug)
19/03/2010
Ich stelle mir den Tod vor, er bildet sich zwischen den Büschen, eine Gestalt aus wirbelndem Sand. Was weiß ich über ihn?
Nichts, er ist nur das zerbrechende Geräusch in der Lunge meiner Großmutter, die in meinen Armen starb, als ich ein Kind war, staunend. Er ist die plötzliche Abwesenheit von Leben, die sich sofort mit neuem Leben füllt, ein Flicken neues Leben über der abgestorbenen Stelle. Ja, aber was weiß ich über den Tod? Nichts. Also verhandle ich mit ihm, nenne ihn Hades, beschwöre ihn, frage: Warum bist du Hades, warum nicht Narkos, dein Bruder, der Schlaf bringt statt Tod?
Was willst du, um ihn freizugeben?
Meine Seele ist leer. Alles, was zu sagen ist, ist gesagt. Bis auf ein Letztes. Während du dich immer weiter von mir entfernst, starrt Hades in meine Richtung, über mich hinweg, als warte er auf etwas, auf das Letzte. Und indem mich die Worte verlassen, kommt auch dieses Letzte nach oben: Was, wenn ich an seiner Stelle sterbe?
Ein Ruck in den Augen des Todes, jetzt sieht er mich an und ich spüre, ja, das wäre die Wahrheit, denn auch das spüre ich: Sie darf es nicht sein. Du stellst dich zwischen mich und den Tod. Wehrst ihn ab. Ein Blick von dir und er wird im Wind zerblasen, Staubteilchen verfangen sich in meinem Haar, feiner Staub, der mich nie verlassen wird.
Aber du sagst: Nein.
Du bist tot. Unwiderruflich. Sand wirbelt um uns, der Wind spielt mit trockenen Blättern.Etwas senkt sich in mir. Sinkt nach unten. Das Licht senkt sich, wird dunkler um einen Ton. Das Hellblau des Himmels färbt sich ins Purpurne. Der Himmel senkt sich auf die Sträucher, verbirgt sie.
Mein Denken sinkt, mein Fühlen, meine Hände sind schwer, mein Kopf senkt sich, meine Schultern. Es, was, zieht mich nach unten, du stehst vor mir, siehst mich an. Ich falle auf die Knie. In dieser beginnenden Dunkelheit, die still ist wie ein Meer. Ein Meer aus Sand.