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Jahr. Aus.

31/12/2010

Also ich und er.

Was noch zu tun ist: Die Wohnung putzen. Einen Plan machen? Duschen. Haare waschen. Dann: Nichts mehr. Am Nachmittag wird das Krachen beginnen, durch den Gassennachhall verstärkter Lärm, den man riechen kann. Sofern man das Fenster öffnet.

Wenn man das Fenster öffnet und nach oben sieht. Dann ist oben ein ferner Himmel, der fern ist, weil er mit unten nichts zu tun hat. Und unten sind Gruppen von Menschen, die sich verschieden bewegen, mit eingezogenen Köpfen oder auf diese ganz lässige Art, die Hände in den Taschen, ohne Schal und sich immer zueinander drehend mit wiegenden, schnellen Schritten – das sind dann meist junge Männer. Ab und zu sind Mädchen dabei, die kreischen, wenn es wieder kracht, und schmiegen sich aneinander, die Mädchen, in gespieltem Schrecken, dabei haben sie weiße Jacken an und hohe Stiefel und lange Haare.

Aber oben der Himmel. Der bewölkt sein soll heute Nacht oder auch nicht. Vielleicht spielt er Nebel, wie gestern, das wäre schön, weil sich im Nebel die Lichter zerstreuen und man die Raketen nicht sieht über den Dächern, sondern nur verwischte Farbe.

Und wir. Also ich und er. Das nicht gelernte Partymachen hockt hinten auf dem Sofa und langweilt sich, bis man es in den Garten schickt, den man nicht hat. Vielleicht ein wenig Wermut, ein paar Chips. Man könnte auch vor dem Fernseher einschlafen und zufällig kurz vor Mitternacht aufwachen, sich ans Fenster stellen und den Abglanz der fremden Fröhlichkeit betrachten. Sich dann in den Arm nehmen. Ein gutes neues Jahr wünschen. Sagen, dass wir es schaffen werden und dann still sein und überlegen, was dieses Es ist, das man schaffen will, und ob es gereicht hat, was man in den vergangenen Monaten getan hat, um die Richtung zu ändern und warum aus einer Richtung drei geworden sind, was sich wieder so anfühlt, als würde man vor einer Weggabelung stehen und müsse sich entscheiden.

Während man so unsinnig nachsinnt, weil im Grunde ist es keine Weggabelung, sondern eine Fülle, die man mitnehmen kann, wohin man will, fällt einem dann noch ein, dass er an seinen Vater denken wird, der im Sommer gestorben ist, und die Trauer hallt in ihm nach wie die Böller in der Gasse, nur stumpfer und länger und durch vieles gedämpft.

Dann nimmt man ihn in die Arme, um dieses Beben aufzufangen, wenn es käme, und sieht den Farben zu, die im Himmel verschwinden, und der zieht sich noch mehr zurück, der Himmel, und will noch ferner sein und vor lauter Ferne wird er weit und weiter, bis er keinen Platz mehr hat und ein Stückchen herunterfällt und in der Brust landet, so dass man einen tiefen Atemzug machen muss.

Und ruhig ist. Und auch ein wenig weit und fern.

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