Boxen oder dicke Dackel
28/02/2008
Im Schein der Lavalampe
Der Russe boxt dem Ami mehr als eins auf die Nase und gewinnt daher den Boxkampf. Ideales Schwergewicht: Nicht zu groß, aber Masse. Sehr flott auf den Beinen, noch flotter mit den Fäusten. Und aggressiv. Meine Fresse. Samstag im TV, besser als Kino. Mittelgewicht ist vergleichsweise fad. Potemkin heißt er nicht, aber: Povetkin, Alexander Wladimirowitsch. Wie der Amerikaner heißt, habe ich vergessen.
Den Walujew habe ich mir gemerkt, den Lamon Brewster und natürlich die Klitschkos. Obwohl, die kommen mir immer durcheinand‘. Wladimir oder Vitali, wer weiß. Ein Bekannter von mir sieht haarscharf aus wie Klitschko in viel kleiner. Aber ganz genau. Der boxt nicht. Früher hat er mit uns Kung Fu trainiert, der Bekannte, bis das Studium zu arg war und das Kung Fu nicht mehr spannend genug. Dabei ist das sogar sehr spannend. Nach dem Training sind meine Unterarme manchmal voll blauer Flecken. Dann komme ich mir verwegen vor.
Als Mäderl von zehn oder elf Jahren lernte ich Karate. Dass man in Eferding Karate lernen konnte, wusste ich erst, als die Karatekas in unserem Gasthaus Weihnachten feierten. Im Stüberl. Dabei wurden Gläser zerbissen. Am nächsten Tag fragte ich die Eltern, ob ich das auch dürfte. Nicht Gläser zerbeißen. Karate lernen.
Ich durfte. Nach einem Jahr hatte ich den ersten Gürtel, stand vor der zweiten Prüfung und konnte schon die dritte Kata. Und der Club siedelte sich weg. Zu weit weg. Das war sehr traurig, nicht nur wegen dem Karate. Ich war verliebt, in einen Kollegen. Der hatte mich einmal auf dem Gepäckträger seines Fahrrads mitgenommen. Vielleicht war ich auch schon zwölf.
Die Vergangenheit kommt einem so durcheinand‘ wie die Klitschko-Brüder. Fest steht nur: Wäre der Club nicht abgesiedelt, hätte ich jetzt mindestens zwanzig schwarze Gürtel. Und meine eigene Karateschule.
Dass Frauen boxen dürfen, ernsthaft nämlich, erfuhr ich leider zu spät. Ein Teil von mir versucht sich ja im seriösen Lebensstil. Der andere Teil macht Kung Fu und will prügeln.
Reden wir über fast freiliegende Aggressionen oder doch lieber über die Frau mit den zwei dicken Dackeln? Die geht bei uns immer um den Block. Mit Winzigschritten. Kein Vorwärtskommen. Den jüngeren dicken Dackel an der Leine, der ältere (sehr) dicke Dackel watschelt zwanzig Meter hinterher. Bleibt stehen. Hechelt. Geht drei Meter. Steht. Hechelt. Schaut zum Frauerl. Die schaut zum Dackel. Der jüngere dicke Dackel schaut auch.
Alle schauen. Ich könnte das nicht. Würde den einen unter den Arm klemmen und den anderen per Leine weiterschleppen. Hätte ich einen Hund, wär das mindestens ein Border-Collie. Was Schnelles.
Ich sollte eigentlich schlafen, weil die Nacht so kurz ist. Neben mir arbeitet die Lavalampe an der Herstellung verschiedener roter Blasen. Gerade tropft eine runter, in Ultraslowmotion, schwebt nach Quallenart durchs blaugrüne Gallert und vereinigt sich mit dem Untergrund.
Warum hat Österreich eigentlich so viele dicke Dackel und keine guten Boxer?
Povetkin. Merken Sie sich diesen Namen. Achtundzwanzig, um die einsachtundachtzig, zu Hause im Sauerland-Boxstall, Linksauslage. Betreut vom jungen Sauerland persönlich. Unser Lieblingstrainer ist übrigens Ulli Wegner. Keiner sagt „mein Junge“ wie der.
Vielleicht träum ich vom Boxen. Und wache ganz verwegen auf. Wenn ich von den Dackeln träume, bin ich sicher den ganzen Tag müde. Bleibt noch die Lavalampe. Stell ich mir interessant vor. In die Arbeit zu wappern wie durch grünqualliges Gallert. Mal sehen, was das Schlafprogramm zu bieten hat. Was Aggressives wär nett.