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Frau Lugner und das Tier der Woche

01/03/2008

Das Älterwerden ist ein Hund

Frau Lugner zieht sich für „News“ aus und entdeckt ihre Weiblichkeit neu, was – so ihre Rede – in engem Zusammenhang mit einem frisch aufgefüllten Busen steht. Und dem überschrittenen 40er.

So, und jetzt verkneifen wir uns jeden Zynismus. Nicht nur in Sachen Lugner, die gute Frau soll sich ausziehen, wann immer sie will. Vor allem verkneifen wir uns böses Gehechle in eigener Sache. Weil, das Älterwerden ist schon ein Hund. Einer, der einen ins Kaffeehaus zieht, obwohl man eigentlich auf dem Weg zum Abendsport war.

Ach, meine Lieben, ach. Früher ging ich drei Mal die Woche trainieren und dazwischen war ich noch per Pedes unterwegs, stundenlang. Jetzt wird schon das Tragen der Trainingstasche zur Herausforderung an Körper und Geist. Der zweifelt ohnehin alles an.

Vorgestern versammelten wir uns fröhlich in jenem Hotel, in dem mein Sohn fürs Leben lernt. Man (die Lehrlinge) gruppierte uns (Eltern, Lehrpersonal und Vorgesetzte) in einem eleganten Saal um elegante Tische, wozu wir uns in feinstes Tuch gehüllt hatten. Zuvor waren wir mit blauen oder roten Begrüßungscocktails abgefüllt und durch das noble Hotel geführt worden, wobei „geführt“ durchaus zutrifft. Der blaue Cocktail war ziemlich Gin-lastig. Sehr spannend in Kombination mit ungewohnt hohen Schuhen und wenig Trinkfestigkeit.

Als wir dann später glücklich bei Tisch saßen, war alles ganz wunderbar: Das fünfgängige Menü, die Musik im Hintergrund, die Stimmung. Von den Lehrlingen arrangiert, gekocht, serviert. Wir benahmen uns, als ob wir niemals anders gegessen hätten, wählten zielsicher das richtige Besteck, führten gepflegte Konversation und protzten mit perfekten Tischmanieren. Serviette auf dem Schoß. Kein aufgestützter Ellbogen.

Zuwarten, bis jedem serviert wurde. Was nur bei der Suppe zu einer kleinen Irritation führte. Als nämlich alle die Löffel in den Petersilienschaum senken wollten, wurde mir und dem Mann an meiner Seite die Essensgrundlage entzogen – also vorzeitig abserviert. Schuld war das knusprige Speckblatt, Fleischverweigerern anscheinend nicht zuzumuten. Wir hätten das Blatt zwar ohne weiteres einfach ignoriert, bekamen dann aber völlig neu speckfrei. Toller Service.

Beim Essen unterhielten wir uns leise darüber, wie wir zu Geld kommen könnten (ein Automatismus in gehobener Umgebung). Ich beobachtete dabei vergnügt meinen Sohn, der sich sicher zwischen den Gästen bewegte, da ein wenig plauderte, dort Wein nachschenkte, lächelnd und sich seiner selbst bewusst. Hinter ihn dachte ich mir seinen Urgroßvater, in den 1920er-Jahren Chefkoch im Salzburger Peterskeller, und seinen Großvater, der in Lausanne für Aga Kahn und Rita Hayworth gekocht hatte und heute noch strahlt in der Erinnerung.

Das Dessert enthielt Sachen wie Granatapfelespuma und Mousse von der Passionsfrucht. Der Gin war fast vergessen, da sollte ein gut gekühlter Chardonnay nicht schaden, denkt Frau – und büßt einen Tag später mit Blei in den Beinen und leicht beleidigten Innereien.

Ja, das gibt’s. Deswegen gestern auch Kaffeehaus statt Abendsport, die Trainingstasche unterm Tisch und darauf die Kombi Melange und Krapfen mit Vanillesauce um 4,50. Und bunte Hefte.

Frau Lugner und ich, wir sind beide über 40. Ein Gegenüber meinte dazu, ich müsse mir demnach jetzt auch die Oberweite aufpolstern lassen und mein Frausein neu definieren. Und dann solle ich mich natürlich ebenfalls nackt fotografieren lassen, vielleicht, meint die Dame und nippt am Wasserglas, während sie mich mustert, für den „Falter“.

Ich sehe also aus wie eine „Falter“-Abonnentin. Dabei ist alles, was ich vielleicht abonnieren werde, ein Platz in der Aida, zwischen Punschkrapferl und gesetzten Damen. Und was das Nacktfoto betrifft – im „Falter“ würde es vielleicht sogar zum Tier der Woche reichen.

Wahrscheinlich sollte ich doch wieder mehr Abendsport machen.

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