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28/08/2019
Totenwasser
16/02/2018
Greif den kühlen Wasserhahn, tausendmal gegriffen.
Der Schwengel des alten Brunnens auf und ab, am Friedhof, es gab die modernen Pumpen noch nicht: War es Arbeit, die Gießkannen zu füllen? Diese dann, links eine, rechts eine, durch die Gräberreihen zu schleppen, scheu Abkürzungen über fremden Marmor nehmend. Die Kannen aus grauem Zink zu schwer, ein Gutteil verschüttet, die Spur auftrocknend. Zehn Schritte später verschwunden.
Mit nassen zarten Knöcheln, nassen nackten Waden und einem Ziehen in den Armen, die Finger schmerzten vom harten, vom schneidenden Griff. Stand das Kind vor dem Familiengrab. Im Sommer, ein Abend, die Hitze ins Warme sinkend. Amseln schlugen, flogen zeternd und tief, schwarze Bewegung, kurz auf und ab und hoch in den Baum. Welch ein Gesang.
Baum und Gesang wachten über Kindergräber, nur die ersten vier im Schatten, stand die Sonne hoch. Die anderen, kleine Gevierte, winzige Graslandschaften, vertrocknete Zweige, die Kränze einst waren, Blumen aus farblosem Plastik, unbarmherzig lichtverbrannt und wettervergilbt, weil alt, weil schon immer. Weil Kinder dort begraben worden waren lang vor der eigenen Zeit. Engel aus Gips, grünspannige Flügel vor die ausradierten Gesichter gezogen, verwischte Spuren der Trauer. Auf Grabsteinen ewige Erinnerung, unser Sonnenschein, zu früh gegangen, zu früh in den Himmel geholt. Bis wir uns einst wiedersehen, geh du voran.
Es dunkelte, rundum wurden Kannen geleert, tropften Worte, wie Wasser tropft, alte Gräber. Die ganz frischen musste man nicht gießen, erst verdorrten die Kränze, erst senkten die Nelken, die Lilien und Rosen ihre Köpfe, wurden welk und grau, warum? Das Feuchte verlor sich in die hereinbrechende Nacht. Mit den letzten Besuchern verließ das Kind den Friedhof, über dem kühle Luft aufstieg, die Gießkannen hingen still auf dem Gestell beim Brunnen, vorhin waren sie noch aneinander geschlagen. In den steinernen Grandern zitterten Pfützen, würden Tiere kommen und trinken. Was lebte und lebt alles auf Friedhöfen? Vieles.
Während das Kind zögerte, nicht ins Haus gehen wollte, gefangen von diesem Nachten, weil es noch im Garten stand und Teil war, barfuß im Gras, Tauversprechen an den Sohlen. Was wäre, dachte es, bliebe ich stehen? Auch im Abendstern ein Zittern, der große Wagen, das Sternbild des Löwen, den Tidenhub des Mondes im zellwandigen Körper.
(Miniatur zu Oskar Stockers Projekt Pure Life)
hommage an h.c.
02/12/2016
vua lauta miadsei
bin i gaunz kla
und dra mah a nest
aus süwane fodn
und glaunzate äst
Verbindungstexte (6 Texte zu Bild und Ton)
19/10/2016
Die Texte zum Projekt Verbindungen: Fries, Klang, Text (mit Michael Hedwig/Bild, Rudolf Jungwirth/Ton und Udo Somma/Technik) sind Arbeitstexte, roh und in Veränderung.
wenn wir von sprache sprechen. sprechen wir? kauen silben, grunzen laute, blasen unsere wangen auf. formen mit lippen worte und sätze und manchmal auch sinn. doch haben nicht, so sehr wir uns bemühen, den zugang in jedes gehör und jedes gewissen.
Erste Versionen habe ich anlässlich des Films von András Bálint trotzdem hier online gestellt.
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